"Hier zu arbeiten, hat mich verändert"

Ein Interview mit

  • Dr.-Ing. Benjamin Spetzler, Materialwissenschaft.
Warum hast du Materialwissenschaft studiert?
Viele kennen dieses Studienfach gar nicht, ich vorher auch nicht. Mir hat das jemand empfohlen und es passte sehr gut für mich, deshalb bin ich dabei geblieben.
Woran arbeitest du gerade?
Ich arbeite viel mit Modellen, um erstmal richtig zu verstehen, welche Sensoren ich bauen muss. Jetzt gerade schreibe ich an einem Paper, also einem wissenschaftlichen Aufsatz, über das, was ich in den letzten zwei Jahren gemacht habe.
Worum geht es in eurem Projekt genau?
Um Delta-E-Effekt-Sensoren, also die Entwicklung eines bestimmten Sensorkonzepts. Wir überlegen uns, welche Sensoren wir im SFB bauen sollen und testen erste Sensoren aus anderen Teilprojekten. Dafür spreche ich sehr viel mit unseren Leuten aus der Elektronik oder den Magnetikern. Super am SFB ist, dass wir neben der Theorie auch Leute aus der Anwendung haben, die sagen, was für Sensoren sie brauchen. Das ist gar nicht so einfach: Die Industrie wünscht sich sehr günstige Sensoren, Messtechniker einfach herzustellende und Mediziner leicht zu bedienende. Dafür ist viel Interaktion mit anderen Disziplinen notwendig. So lernt man immer etwas dazu und gerät nie in die Versuchung zu glauben, dass man alles weiß (lacht).
Was ist das, ein Delta-E-Effekt-Sensor?
Der Effekt dahinter ist schon über hundert Jahre bekannt, Sensoren wurden damit aber erst vor etwa 30 Jahren gebaut. Delta-E-Effekt-Sensoren, die auf Dünnschichttechnik basieren und damit in Massenproduktion für Chips hergestellt werden können, wurden erst hier in Kiel entwickelt. Mit Delta-E-Sensoren kann man Signale mit niedrigen Frequenzen mit einer Bandbreite von 100 Hertz messen. Das ist einer der Hauptvorteile.
Wie funktionieren diese Sensoren genau?
Wir haben eine magnetostriktive Schicht, die sich ausdehnt, wenn man sie magnetisiert. Delta-E-Effekt-Sensoren arbeiten mit einem Balken, der schwingt, wenn man ihn magnetisch anregt. Wenn der Balken weich ist, schwingt er langsamer, wenn er hart ist, schneller. Über die Resonanzfrequenz kann man die Steifheit messen und darüber das Magnetfeld. Das beste Signal bekommt man, wenn der Balken in seiner mechanischen Resonanz ist. „Mechanische Resonanz“ kann man sich vorstellen wie den richtigen Moment, um jemanden beim Schaukeln Schwung zu geben.
Wie sieht ein ganz normaler Tag bei dir aus?
Ich ändere ein Modell oder schreibe ein neues, erstelle einen Code, starte im Labor eine Messung mit den Sensoren oder schreibe an einer Veröffentlichung. Es gibt auch Tage, an denen ich nur „rumrenne“ und Informationen sammle. Und manchmal diskutieren wir drei Stunden Messergebnisse, die wir nicht verstanden haben – das passiert auch (lacht). Letztes Jahr war ich viel unterwegs auf Konferenzen oder habe andere Arbeitsgruppen besucht, die an ähnlichen Sensoren forschen und wir haben uns gegenseitig unsere Arbeit vorgestellt.
Was macht dir am meisten Spaß?
Das Problemelösen mit anderen. Ein Bauarbeiter hat am Ende seiner Arbeit ein Gebäude, man selbst nur ein paar Einsen und Nullen oder eine Linie auf dem Bildschirm (lacht). Aber es ist ein tolles Gefühl, mehr als vorher verstanden zu haben, weil man mit anderen diskutiert hat.
Was erzählst du auf Familienfeiern, was du machst?
(lacht) Das ist meist in zwei Sätzen zusammengefasst. Magnetfeldsensoren sind ja noch relativ abstrakt, aber wenn ich sage, es geht um medizinische Anwendungen, damit können die Leute etwas anfangen und das reicht ihnen oft schon. Ich finde das völlig okay.